Hans Gercke

Die sieben fetten und mageren Jahre

Bemerkungen zur Bildserie „Das erbrochene Paradies“ von Petra Sterry

Die versiegelte Tür wird erbrochen. Der gewaltsame Zugang als Geste der Freiheit (miss)verstanden, soll verschlossene Bereiche eröffnen. Doch das Geheimnis entzieht sich, der erbrochene Raum erweist sich als leer, was bleibt, sind Schuldgefühle und Angst.

Wir kennen diese Geschichte aus Mythen und Märchen. Sie wurzeln in existentieller, sehr realer Erfahrung, und auch wenn sie in simplen, scheinbar harmlosen Kinderreimen daherkommt, sollte sie nicht darüber hinwegtäuschen, welche Abgründe sich hinter ihr verbergen.

Allein die Sprache vermag es, noch heute wie eh und je, die Dämonen zu bannen. Mitunter dauert es lange, bis über traumatische Erfahrungen gesprochen werden kann. Sie beim Namen zu nennen, ist häufig schon Indiz der Heilung, jedenfalls allemal Zeichen der Distanzierung, der Objektivierung.

Signalhaft plakativ kommt die Sprache daher in den Bildern der Petra Sterry, in diesem Fall auf rotem Grund, sonst meist auf Schwarz, und es ist tatsächlich die Sprache, die sich sehr energisch zu Wort meldet, denn in scheinbar naiver, scheinbar ironisierender Weise hat sie sich dem Korsett orthografischer Konventionen zugunsten einer frappierenden phonetischen Unmittelbarkeit entwunden. Einer Unmittelbarkeit, die im Visuellen als Verfremdung in Erscheinung tritt und somit eine Spannung erzeugt, die auf andere Weise auch im Duktus der Schrift erfahrbar wird:

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Hans Gercke, Heidelberg, im Dezember 1994